75 Jahre Rittersturzkonferenz
Auf Einladung der Koblenzer Dezernentin für Bildung und Kultur Dr. Margit Theis-Scholz stellte die von ihr initiierte Arbeitsgruppe „75 Jahre Rittersturzkonferenz“ im historischen Rathausaal der Stadt Koblenz ein beeindruckendes Potpourri der Erinnerungskultur vor. Nach einem Grußwort des rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten Hendrik Hering begrüßte neben der Dezernentin auch der Präsident des Bundesarchivs Prof. Dr. Michael Hollmann die Gäste. Einem Storytelling durch apl. Prof. Dr. Stefan Maier anhand multimedialer Inhalte folgte eine Talkrunde mit Schüler:innen des Görres- Gymnasiums und des Gymnasiums auf dem Asterstein sowie den anwesenden Expert:innen. Den emotionalen Höhepunkt lieferte die ehemalige Bundestagsabgeordnete und Zeitzeugin Roswitha Verhülsdonk mit einer ganz persönlichen Anekdote aus diesen besonderen Tagen in Koblenz.
Die Arbeitsgruppe, die sich aus Vertreter:innen der beiden Netzwerke Erinnerungskultur und „Demokratie leben!“ zusammensetzte, habe von Beginn an, so Theis-Scholz in ihrer Begrüßung, großen Wert daraufgelegt, bleibende Inhalte vor allem auch für ein junges Publikum zu schaffen. Als mediale Höhepunkte der Veranstaltung erwiesen sich, neben einer 3D-Rekonstruktion des ehemaligen Konferenzorts, die Videoeinspieler des durch seine Erklärvideos auf Youtube bekannt gewordenen Mirko Drotschmann und des Experten für bundesdeutsche Verfassungsgeschichte Dr. Michael F. Feldkamp.
Landtagspräsident Hering mahnte neben einem akademischen auch einen emotionalen Zugang zu Demokratiegeschichte an. Dafür müsse Demokratiegeschichte spannend aufbereitet werden. Koblenz habe mit der neuen Website zur Rittersturzkonferenz hierfür ein Beispiel gegeben. Die Stadt, so Hering weiter, habe mit seinen Orten der Demokratiegeschichte einen besonderen Schatz, mit dem es noch viel mehr wuchern solle. Dafür, darin waren sich alle einig, wurde mit der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung ein weiterer großer Schritt gemacht. Prof. Dr. Hollmann blickte vor diesem Hintergrund auf die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum zurück und verwies auf einen wesentlichen Unterschied in der öffentlichen Wahrnehmung damals und heute. Demokratie sei damals noch nicht als gefährdet angesehen worden. Die Veränderungen in der Gesellschaft machten eine neue Achtsamkeit für die Demokratie möglich und notwendig.
In einer Talkrunde forderten die Schüler:innen die Möglichkeit ein, das Grundgesetz an neue gesellschaftliche Bedingungen und Herausforderungen anpassen zu können. Als Beispiel nannten sie die Rechte von LGBTQ und die Notwendigkeit des Klimaschutzes für die junge Generation. Die Experten wiesen auf die bewusst geschaffenen Hürden hin, zu einer Grundgesetzänderung zu gelangen, aber auch auf die Möglichkeiten, die vor allem dem Bundesverfassungsgericht an die Hand gegeben wurden, den Geist des Grundgesetzes mit aktuellen Herausforderungen in Einklang zu bringen. So sei 1994 bereits der Umweltschutz als Ziel im Grundgesetz verankert worden und aus diesem Grund habe zuletzt das Bundesverfassungsgericht die aktuelle Klimaschutzpolitik der Bundesregierung als unzureichend bewertet.
In der Beantwortung der Frage, was die Gesellschaft heute aus dem Geist der Rittersturzkonferenz lernen könne, waren sich alle einig: Das Hervorstechende war allem die innere Haltung der Beteiligten und die Bereitschaft für die Zukunft des eigenen Landes Kompromisse einzugehen und zu diesen zu stehen. Roswitha Verhülsdonk berichtete abschließend vom tragischen Tod eines Journalisten am Rande der Konferenz, für den ihr Mann seinerzeit gearbeitet hatte. Eine Geschichte, die sicherlich die multimediale Aufbereitung dieses Meilensteins der deutschen Demokratiegeschichte in den kommenden Wochen noch ergänzen wird.
Weitere Informationen und alle Inhalte auf www.rittersturzkonferenz.de und auf auf der Website des Landesprojekts KuLaDig Rheinland-Pfalz.
Treten Sie HIER ein in die 3D-Rekonstruktion des damaligen Hotels, erkunden Sie die Konferenzräume, erfahren Sie mehr über die damaligen Akteure und Akteurinnen und werfen Sie einen Blick in die historischen Dokumente.